Die Gedankenpolizistin
Tyra-Shanaja hat einen anstrengenden Job. Seit 2042 Wissenschaftler herausgefunden hatten, dass es bei einigen Menschen möglich ist, die Gehirne direkt mit Informationen zu versorgen, begann die Entwicklung des Synaptocortex. Ein Gerät, das Informationen aus Computernetzen so umsetzt, dass sie kompatibel zu den Nervenbahnen sind, die zum Gehirn führen.
Der Vorteil menschliche Gehirne für die Analyse von Datenströmen zu nutzen ist, dass neue Informationen sofort mit allen verfügbaren anderen Informationen verknüpft werden. Taucht der letzte Informationsfetzen für eine Schlussfolgerung in einem Datennetz auf, erkennt ein Mensch sofort den Zusammenhang zu einer Person. Ein Quantencomputer benötigt dazu mehrere Zyklen. Bei der Analyse geht es um Zeit, denn jede Femtosekunde zählt, um mögliche Bedrohungen durch Wirtschaftsspionage oder den globalen Terrorismus unverzüglich auszuschalten. Der positive Nebeneffekt ist, dass ein auf 90% Nutzung getuntes menschliches Gehirn nur 60 bis 75 Watt Leistung in Form von Nahrung benötigt, was vergleichsweise wenig ist.
Tyra-Shanaja gehört zu den Profis auf diesem Gebiet, denn sie experimentierte schon als Kind mit Synaptocorten im Hackerspace der in der Nähe ihres Elternhauses war. Hackerspaces waren auf der ganzen Welt verteilte offene Orte an denen man sich mit Wissenschaft, Technologie oder Kunst beschäftigen, Fragen, Lernen, Testen, Diskutieren und Forschen konnte.
Hackerspaces sind jedoch seit 2076 verboten und es ist eine von Tyra-Shanajas Aufgaben nach Patterns zu suchen, die darauf hindeuten, dass sich solche Keimzellen bilden. Über den Synaptocortex in Ihrem Hut ist sie mit verschiedenen Netzen verbunden. An den Netzwerkkabeln kleben noch als Hommage historische Beschriftungen wie NSA, GCHQ, BfV, ASD, CSEC, DGSE oder Level 3, Verizon, Vodafone Cable, British Telecom, Interoute und Global Crossing. Geheimdienste, Netzbetreiber und Telefongesellschaften die damals in den 2010er Jahren angefangen haben ein weltweites Überwachungsnetz aufzubauen. Damals gab es auch noch Whistleblower wie Chelsea Manning und Edward Snowden oder Gruppen wie Anonymous oder den Chaos Computer Club, die versuchten die weltweite Überwachung bekannt zu machen, aufzuklären und dagegen zu agieren.
Heute ist das alles Schnee von gestern. Den meisten Menschen war das damals egal. Sie hatten andere wichtigere Probleme. Whistleblower, Vereine und Gruppierungen die sich gegen die Totalüberwachung ausgesprochen hatten, sind von der Bildfläche verschwunden, weil sie sich aus heute nicht mehr nachvollziehbaren Gründen untereinander zerrieben haben. Es gibt Gerüchte, dass es irgendwas mit Sexismus, persönlicher Eitelkeit oder mit Mäusen zu tun gehabt haben soll. Man weiß es nicht.
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