Der Dreiklang: Freiheit, Liebe, Tod; ist im Prinzip Ödön von Horváths Glaube Liebe Hoffnung, nur eben in realistisch. In dem Theaterstück geht es ja um die Freiheit von Elisabeth, die Liebe zu Alfons und ihren letztendlichen Tod. 1932 wäre das titelmäßig und auch dramaturgisch vermutlich eher schwierig gewesen. Wer geht schon in ein Theaterstück bei dem schon im Titel steht: äh übrigens am Ende stirbt die Püppi, ne?
In den goldnen Zwanzigern des einundzwanzigsten Jahrhunderts ist dem Dreifaltigkeitskanon Freiheit, Liebe, Tod aber noch das Wort Arbeit vorangestellt, denn die soll man ersteinmal verrichten, bevor man sich mit Freiheit, Liebe und Tod beschäftigt. Wurde Freiheit früher noch erkämpft, so muss man sie sich heute – erarbeiten. Dann ist das Geld für die Liebe auch da und das der Tod nicht für lau zu haben ist, wird uns auch überall vermittelt. Das alles (und noch viel mehr) bekommt man, zwischen den Zeilen, in nur einer Ausgabe einer beliebigen Tageszeitung für 1,60 €. Muss man mal machen ist fantastisch! Während sich Horváth noch die Mühe gemacht hat und die Geschichte mit Inhalt belastet, wird selbiger heute einfach weggelassen. Also der Inhalt, nicht Horváth. Prominente Überschrift, ein Archivbild, ein vorgeschlagener Text und ohne irgendeine Transferleistung ab in den Druck. Sehr schön. Wer an dieser Stelle den Witz nicht verstanden hat, bitte einfach weitergehen. Ich erkläre ihn nicht. Ich freue mich aber sehr über Hasskommentare im Internet oder besser noch, per Brief.
Arbeiten wie in so einem großen Büroturm, der so „vong Format her“ an das Format des Bildes erinnern könnte. Ein Bau (Achtung Kafka!), mit der absoluten Verweigerung, in sich etwas Sinn- oder Wertstiftendes zu erschaffen. Das ist jetzt, in den neuen zwanziger Jahren, nicht mehr wichtig. Wichtig ist, ob es genug Leute gibt, die glauben, dass das was da passiert, in diesem Bau, ist etwas Sinn- oder Wertstiftendes. Noch besser sind Wetten darauf, dass das, was da möglicherweise einmal entwickelt wird, etwas Sinn- oder Wertstiftendes sein könnte. Ja und dann haben wir uns einmal im Kreis gedreht und stehen wieder bei Glaube und Hoffnung. Nur ohne Liebe. Die hatten wir unterwegs irgendwo verzockt oder gegen Drogen eingetauscht. Aber egal. Am Ende gibt es ja immer irgendeinen Rettungsschirm, einen Fonds und neue Hintertüren um Menschen woanders billig Arbeiten zu lassen. Wichtig ist woanders. Wir trennen hier den Müll, machen auf dem Klo das Licht aus, haben überall Notausgangsschilder, einen Rauchabzug und Feuerlöscher. Was irgendwelche Firmen in Bangladesch machen, wissen wir nicht. Wollen wir nicht wissen. Da haben wir ja keinen Einfluss drauf. Hauptsache die Wirtschaft erholt sich, rechnet aber mit „dickem Ende“. Ja, na dann ist ja alles gut.
ST Kambor-Wiesenberg – Freiheit, Liebe, Tod. (2020) – Acryl, Lack, Kohle & Papier auf Leinwand (70 x 20)
Das Bild war vom 8. – 22. August 2020 in der Motorenhalle in Dresden zu sehen.
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