Die Kunst-Installation „Nur zu Ihrer Sicherheit.“ nähert sich dem Jahrestag. Am 26.12.2013 wurde sie erstmalig in Hamburg präsentiert, sechs Monate später in New York. Anlass, um darüber zu schreiben. Jeden Montag bis zum 26.12.2014. In der letzten Woche schrieb ich über Individualität.
Der Name des ersten Objektes „Arsch hoch! Wir leben im Computerstaat.“ wurde bereits für die voran gegangene Interpretation herangezogen, ohne dass er näher beschrieben wurde. Dies wird hiermit nachgeholt.
1979 hingen in einigen Hamburger Kneipen Aushänge mit der Überschrift „Arsch hoch!“. Auf diesen suchte Frank-Martin Strauß Mitstreiter für eine Punkband. Der Aushang hatte Erfolg. Im Februar 1980 ging Strauß (Synthesizer, Percussion, Gesang) gemeinsam mit Frank Ziegert (Gesang, Gitarre), Axel Dill (Schlagzeug), Gisbert Kellersmann (Bass) und Margita Haberland (Gesang, Geige) ins Hamburger Hafenklang-Studio. Als Bandname wurde „Abwärts“ gewählt und im Mai erschien die legendäre Computerstaat-EP [1] Abwärts – Computerstaat: http://youtu.be/NxjvyPui5V0 . Das Titelstück Computerstaat ist bis heute einer der bekanntesten und beliebtesten Songs der Band. Der Text ist in Form eines Durchzählreimes gestaltet und lautet folgendermaßen:
Montag klopft es an der Tür, und Arafat, steht neben Dir.
Dienstag gibt es Probealarm, Paranoia in der Straßenbahn.
Mittwoch ist der Krieg sehr kalt, Breschnew lauert in der Badeanstalt.Donnerstag, du weißt es schon, tausend Agenten in der Kanalisation.
Freitag gehört der Mafia, das Ravioli kommt aus Florida.
Samstag Abend, Irrenanstalt, der KGB im deutschen Wald.
Sonntag, da ist alles tot, im Golf von Mallorca der Weltkrieg droht.Stalingrad, Stalingrad, Deutschland Katastrophenstaat.
Wir leben im Computerstaat. Wir leben im Computerstaat. Wir leben im Computerstaat.
Aus meiner Sicht, ist die Aussage, „wir leben im Computerstaat“ extrem Vorausschauend. Wer hatte 1979 schon auf dem Zettel, dass der Staat Computer in größterem Umfang zur Hilfe nimmt? Aber tatsächlich wurde 1979 die erste bekannte und erfolgreiche, negative Rasterfahndung durchgeführt. Um unter falschen Namen angemietete konspirative Wohnungen zu finden, wurde mit richterlichem Beschluss ein Magnetband mit allen barzahlenden Stromkunden in Frankfurt am Main beschlagnahmt. Nun wurden alle legalen Namen die dem Staat bekannt waren herausgefiltert, also die Namen von gemeldeten Einwohnern, Kfz-Haltern, Rentnern, Bafög-Beziehern, im Grundbuch verzeichneten Eigentümern, Brandversicherten, gesetzlich Krankenversicherten und so weiter. Übrig blieben zwei Falschnamen. Dahinter verbargen sich ein Rauschgifthändler und Rolf Gerhard Heißler, ein damaliges Mitglied der Roten Armee Fraktion (RAF). Man könnte argumentieren, die Gruppe Abwärts war nur besonders schnell und nicht vorausschauend, weil sie sich 1980 auf die kurz zuvor stattgefundene Rasterfahndung bezieht. Dass kann jedoch nicht der Fall sein, denn dass die Rasterfahndung so stattgefunden hat, wurde erst 1986 bekannt, als der ehemalige BKA-Chef Horst Herold über Terroristen und Computer-Fahndung in einem Spiegel Interview berichtete.
Verweise / References
↑1 | Abwärts – Computerstaat: http://youtu.be/NxjvyPui5V0 |
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