Bei mir fängt Kunst bzw. das Schaffen von Kunst oft da an, wo konventionelle Kommunikation wie Sprache und Schrift für mich aufhört zu funktionieren. Freiheit is ne Hure klingt wie, wer das Geld hat den Preis des Marktes zu bezahlen darf ran. Das ist ein Anfang. Wäre es so einfach, hätte ich aber auch den Satz schreiben können und hätte nicht diese Collage machen müssen. Acryl, Lack, Drucke und Pappe auf Kartonplatte. Der zentrale Fragile Aufkleber dominiert die ersten Blicke. Freiheit fragil wie Kunst und Glas? Erst Prüfen und dann die Annahme Quittieren. Man überlege sich diese surreale Situation im Zusammenhang mit Freiheit und der Aufnahme eines Flüchtlings an einer Grenze. Alles auf dem Bild ist schrappelig, angekratzt, beschmiert und abgewetzt. Alternativschuppenklotürästhetik (null Google Treffer für dieses Wort, bis ich auf „Publish“ klicke). Links ein kleines Stück Berliner Mauer und kritische Sprüche von der Westseite zur innerdeutschen Grenze aus den 1980er Jahren. Hätte ich nie fotografieren können. Rechts, Fotos aus einem Fotoautomat in Berlin Kreuzberg. Westseite. Habe ich einfach so gemacht.
@photoautomat1 :-) pic.twitter.com/ar6oA3jDXM
— ST Kambor-Wiesenberg (@STKW_) 18. August 2015
Das kann man jetzt alles mal sacken und die Assoziationsmaschine laufen lassen.
Mittelteil
Im letzten Jahr haben wir ein dystopisches Theaterstück aufgeführt, in dem klar wurde, dass die Menschheit ausgestorben ist, weil die europäischen Außengrenzen dicht gemacht wurden (Fotos). Die Theaterstücke von Olaf Arndt (BBM) hatten schon immer einen Hang zum zur Realität werden, nur gehören sie zu der Sorte, bei denen man auf das „Wir haben es doch gesagt.“ verzichtet.
Nachwort
Ein Künstler kommt zum Arzt, um die letzte Untersuchung zu besprechen. Der Arzt schaut ihn mit trauriger Mine an und sagt: „Sie haben noch höchstens drei Monate zum Leben.“ Da Antwortet der Künstler: „Ja aber wo von den? Wo von den nur?“
Als Künstler in Deutschland habe ich eine große Freiheit. Als Künstler bin ich sogar gemeinsam mit Wissenschaft, Forschung und Lehre ‚durch einen eigenen Absatz in einem einstelligen Artikel des Grundgesetzes frei. Absatz 3, Artikel 5, des Grundgesetzes: „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.“ Dafür das das so ist, habe ich nichts getan. Dafür das das so bleibt, versuche ich mit Gesprächen, Vereinsarbeit/-unsterstützung und Kunst Menschen zu sensibilisieren wenigstens einmal darüber nachzudenken was uns umgibt, wie es zusandegekommen ist und ob es schützenswert ist.
Einstein soll gesagt haben: „Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.“
„Die Definition von Freiheit ändert sich mit dem Standpunkt.“ Fiel mir beim schreiben ein. Nach kurzem Nachdenken war er aber so banal, dass ich ihn nicht in den Text schreiben wollte. Vielleicht wird es eine Edition Klotüraufkleber.
Ich beobachte dieses Blog nun seit einiger Zeit. Respekt für die facettenreichen Texte zu den Bildern, Fotos und Objekten. Selten das Künstler sich so intensiv zu ihren Werken äußern. Hier entsteht sehr interessante und besondere Kunst. Ich bin gespannt weiter so.
„Alternativschuppenklotürästhetik“ – tolle Wortkreation. Schön treffend :).
Die Fotos vom Kunstwerk machen neugierig, es aus der Nähe betrachten zu können.
Viele Grüße
Sandra
Jetzt auch mit zwei Treffern bei Google (dieser Post + Tweet) https://www.google.de/search?q=Alternativschuppenklotürästhetik
Das ist mal richtig cool! :) Der Begriff wird sich in der Kunstszene noch etablieren.