G, C, G, Em, D sind die ersten fünf Akkorde von Hannes Waders Lied „Heute hier morgen dort“. Für diesen (meinen) Sommer trifft er den Nagel auf den Kopf. Campino mag das Lied auch und singt es manchmal ein paar Leuten vor. Heute hier morgen dort ist auch der Titel eines Fotos, welches in diesem Monat entstanden ist. In einer Nacht in Cottbus zwischen Gerichtsplatz und Dieselkraftwerk. Ohne Retusche ohne Nachbearbeitung. Kamera auf den Schaufenstersims gestellt, Blende Acht, 18mm Brennweite, 3 Sekunden belichtet, mit Rollei Retro 80s Profil durch den Entwickler. Bähm! Foto. Titel. Alles ist gesagt.
Es ist das erste Werk zu der Stadt in der ich fast dreiundzwanzig Jahre gelebt habe. Und obwohl ich viel Material gesammelt und erstellt habe, gab es bisher keine künstlerische Rezeption (meinerseits). Cottbus ist, abgesehen von meinen Eltern, die größte Konstante in meinem Leben gewesen und ich vermute, dass sie es bleiben wird. Die Stadt mit dem Krebs im Wappen hatte ihre Blütezeit in den 1980er Jahren als hässliches graues Betonklotzkonglomerat, geprägt durch den sozialistischen Realismus. Heute gibt es hier viele Orte von bestürzender Schönheit. Vielleicht brauchten wir etwas Abstand, die Energiemetropole und ich. Der Plattenbau in dem ich aufgewachsen bin ist samt revolutionären Spruch abgerissen. Es ist das sprichwörtliche Gras darüber gewachsen. Ich bin auf neuen Straßen gefahren, also nicht saniert, sondern neu. Straßen die es nicht gab und über die ich mich vor 13 Jahren als Pizzafahrer gefreut hätte. Da wo die Russen eine riesige Kaserne mit Übungsplatz, Mauer und Wachtürmen mit grimmig guckenden Soldaten hatten, stehen heute Autohäuser, Discounter und ein Möbelhaus. Der Altmarkt ist tadellos und in der damals wirklich schrecklichen Bahnhofstraße reiht sich eine Perle an der anderen. Wir haben uns beide ganz schön verändert, das ist unsere neue Gemeinsamkeit und auch die Metapher vom Krebs im Wappen. Er soll die Veränderung bzw. die Erneuerung symbolisieren, weil das Krebstier jährlich seinen Chitinpanzer wechselt. (Foto bei flickr)
Habe am Fr Galeriedienst in der EBERT, komm doch mal rum!
Hi Angelika, würde ich gern, ich war nur ganz kurz in Cottbus und bin inzwischen über Dresden wieder in Stuttgart. Die Galerie Ebert habe ich allerdings vergessen zu besuchen. Mache ich ganz bestimmt beim nächsten Mal. Viele liebe Grüße!
Na schade! Ich würde mich freuen, wenn du dich beim nächsten Heimatbesuch mal melden würdest. Bis denne, mach´s gut!
Das Foto gefällt mir richtig gut. Es passt toll zu der Geschichte. Obwohl es schwarz-weiß ist strahlt es Wärme aus. Parallel dazu entsteht der Eindruck der Einsamkeit, der mir aber nicht sehr dominant erscheint.
Ein Bild das man sicherlich oft betrachten und auf sich wirken lassen kann.
Viele Grüße
Sandra