Der Mensch stand bisher nicht im Fokus meiner künstlerischen Arbeit, vielmehr das, was vom Menschen erschaffen oder verursacht wurde. Ich empfand den Menschen als lästig. Ich mochte ihn nicht malen oder zeichnen und beim Fotografieren stand er meistens im Weg. Die Welt ohne Menschen wäre eine bessere, dachte ich oft, wenn ich mich über Artgenossen ärgerte, doch das bedeutete im Gegenzug auch eine Welt ohne mich. Manchmal muss man einen Schritt zurückgehen, um vorwärts zu kommen.
Einen Schritt zurück zu gehen, ist gelegentlich hilfreich, um einen Überblick zu bekommen, um nachzudenken und um dann wieder heranzugehen und Details zu verändern. Dann kann man wieder einen Schritt zurück gehen und beobachten, ob die Detailveränderung eine Auswirkung hat. Wenn wir ganz groß gesehen einen Schritt zurück gehen, dann ist da ein blauer Planet, gemeinsam mit anderen Planeten in einem Sonnensystem. Und dieses Sonnensystem befindet sich in einem Spiralarm einer Galaxie. In dieser Galaxie, die wir Milchstraße nennen, ist unsere Sonne ein Stern von etwa 300 Milliarden. Die Milchstraße ist aber nicht die einzige Galaxie im Universum. Mit aktueller Technik können wir momentan etwa 50 Milliarden Galaxien beobachten und wir sehen bei weitem nicht alles, was in unserem 13,8 Milliarden Jahre alten Universum herumschwirrt. Gehen wir also wieder dichter heran an unseren Planeten Erde: 4,6 Milliarden Jahre hat sie auf dem Buckel und viel erlebt. Die erste Milliarde an Jahren war ruhig, bis auf ein paar Bakterien und Algen war nichts los. Dann begann die Evolution, an deren Ende bis heute der Mensch steht. Diesen gibt es nun etwa 200.000 Jahre.
Wäre die Geschichte der Erde ein Theaterstück von zwei Stunden, dann sterben erst 100 Sekunden vor Schluss die Dinosaurier aus und der Auftritt der Menschen wäre nicht einmal eine halbe Sekunde lang. Ein Wimpernschlag.
Erst mit dieser Betrachtung hat man die Möglichkeit, zu erkennen, was man sieht, wenn einem ein Mensch gegenübersteht. Das Ergebnis nach 13,8 Milliarden Jahren Entwicklung, auf einem Planeten, der in einem von 300 Milliarden Sonnensystemen in einer von mindestens 50 Milliarden Galaxien kreist. Das ist es, was jedes Porträt des Projektes Menschenbilder zeigt. Genau eine Facette dieser unglaublich, unwahrscheinlichen Spezies Mensch mit seiner Einzigartigkeit und bestürzenden Schönheit: Ein Bild eines Menschen im wortwörtlichen Sinne.
Durch dieses Projekt ist der Mensch, ein sichtbarer Teil meiner künstlerischen Arbeit geworden. Die Kunst funktioniert ohne den Menschen nicht und der Mensch nicht ohne Kunst. Diese ersten Menschenbilder sind keine abschließende Arbeit, vielmehr der Start eines wohl eher länger andauernden Projektes.
Eine Auswahl der Menschenbilder ist vom 06.08. – 20.08.2016 in der Motorenhalle, Projektzentrum für zeitgenössische Kunst in Dresden zu sehen.
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